In kirchlichen Räumen. Mit pazifistischem Inhalt.
Bericht von Pfarrer Matthias Gürtler aus der Zeit, als er Pfarrer in der DDR war. Er hatte eine Kirche und ein Pfarrhaus, das nicht weit entfernt von einer Kaserne stand. Die Soldaten kamen in ihrer Freizeit zu ihm ins Pfarrhaus. So soll Soldatenseelsorge sein.
"Von 1981 bis 1986 war ich Pfarrer in Eggesin, einer der größten Militärstandorte in der DDR. Eggesin liegt in der „Wüste“, so sagten die Soldaten, ganz im Nordosten, 20 km von der polnischen Grenze entfernt. Es war meine erste Pfarrstelle, und ich wurde – noch jung an Jahren – für den Dienst dort geeignet gehalten, weil ich selbst Militärerfahrungen mitbrachte (18 Monate Bereitschaftpolizei).
Unser Pfarrhaus war offen für die Soldaten und Unteroffiziere. Oft klingelten sie nach der Vereidigung und suchten einen zivilen Ort. Es waren junge Männer aus Kirchengemeinden, aber auch andere kamen zu uns, z.B. um ein Motorrad hinter der Kirche zu verstecken und der Stabsfahrer, der bei uns telefonieren wollte. In den Gottesdiensten und in der Jungen Gemeinde waren immer Uniformierte dabei. Zu einem Gemeindeabend hatte ich den letzten Finanzminister der DDR, Dr. W. Romberg, eingeladen. Es ging um die Frage, ob einseitige Abrüstungsschritte den Frieden befördern. Viele wichtige Gespräche fanden in der Küche statt.
Die Staatssicherheit war immer mit dabei. Sie versuchte mit dem Vorgang „OPK Pazifist“ einen Grund zu finden, meine Aktivitäten für „Schwerter zu Pflugscharen“ zu verhindern. Die Trennung von Staat und Kirche habe ich gelernt zu schätzen. Es war für mich eine gute Erfahrung in der Militärseelsorge für Soldaten unabhängig vom Militär zu sein, um mich ganz der prophetischen Vision „Schwerter zu Pflugscharen“ widmen zu können.
Freundliche Grüße,
Ihr Matthias Gürtler" (Greifswald, im Oktober 2012)
Die Kasernen bei Eggesin.